Die Zukunftsarchitektin

Das Greentech Festival (GTF) hat sich dem nachhaltigen Lebensstil verschrieben. Audi ist Founding Partner des Festivals, das in diesem Jahr am ehemaligen Flughafen Berlin-Tegel stattfindet. Was die Marke dort präsentiert, zeigt, wie man sich eine zukunftsfähige Mobilität vorstellt – und ist damit ein Spiegel der Audi Strategie „Vorsprung 2030“. Silja Pieh gilt als die Architektin dieser Strategie, wenngleich, und das ist der Diplom-Kauffrau und Wirtschaftsgeografin wichtig zu betonen, „Vorsprung 2030“ kein „Beraterpapier“ darstellt, sondern unter Einbindung der sogenannten Audi 500, Mitarbeitende aus allen Geschäftsbereichen und den Märkten China sowie USA, aus dem Unternehmen heraus entwickelt wurde.
Frau Pieh, vorweg gefragt: Was definiert eine Strategie?
Grundsätzlich beschreibt eine Strategie den Weg, um ein gefasstes Ziel in der Zukunft zu erreichen. Sie muss langfristig angelegt, konkret und verständlich formuliert sein, um daraus Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Das heißt, „Vorsprung 2030“ soll Audi für die kommende Dekade bestmöglich aufstellen.
Wo sehen Sie die Mobilität im Jahr 2030?
Ich möchte keine Technologie herausgreifen. Auch wenn in diesem Zusammenhang oft das hochautomatisierte Fahren angeführt wird, an das ich als Zukunftstechnologie fest glaube. Aus meiner Sicht wird sich bis dahin das batterieelektrische Fahren in der Breite etabliert haben. Das ist ein wichtiger Hebel für die benötigte Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Mobilitätssektor. Eine Voraussetzung dafür ist eine ausreichend vorhandene Infrastruktur, die genügend Möglichkeiten bietet, grünen Strom zu laden. Hier bin ich aber zuversichtlich.
Gemeinsam mit rund 500 Mitarbeitenden aller Hierarchieebenen und aus den Märkten China und USA sowie externen Experten analysierte Audi über Monate hinweg mehr als 600 globale Trends im Mobilitätssektor, die bis 2030 für das Unternehmen relevant werden könnten. Daraus abgeleitet entstanden strategische Aktionsfelder wie der Entschluss, ab 2026 ausschließlich vollelektrische Modelle zu entwickeln und bis 2033 die Produktion von Verbrennern auslaufen zu lassen.
„Es braucht keine Nachhaltigkeitsstrategie, sondern eine nachhaltige Unternehmensstrategie.“
Sie haben im Zuge der Strategieentwicklung Hunderte globale Trends analysiert: Hat Sie etwas überrascht?
Beeindruckend war, wie wichtig auch in Zukunft ein eigenes Fahrzeug im Sinne von Eigentum für Premium-Kundinnen und -Kunden sein wird. Und das trotz aller Diskussionen rund um das Thema Mobilitäts-Sharing. Das eigene Fahrzeug wird mehr denn je als Raum individueller Lebensqualität verstanden und geschätzt. Das hat uns in unserer Überzeugung bestärkt, dass Mobilität bei Audi gleichsam nachhaltig wie individuell gedacht werden muss.
Mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit allein scheint man sich in Zukunft ohnehin nur schwer differenzieren zu können.
Wir haben viele Interviews mit Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeitenden geführt, um herauszufinden, welche Werte Bedeutung für sie haben und behalten. Nachhaltigkeit ist dabei mit Abstand das wichtigste Thema. Aber man muss den Begriff umfassend betrachten. Aus diesem Grund ist „Vorsprung 2030“ gleich als ganzheitlich gedachte Unternehmensstrategie angelegt mit Nachhaltigkeit als integralem Bestandteil. Das beginnt bei Fahrzeug- oder Antriebskonzepten und erstreckt sich dann über die Lieferketten, soziale Aspekte oder die zunehmend wichtiger werdenden Kreislaufwirtschaftskonzepte.

Kreislaufwirtschaft ist ein Thema, das Sie persönlich auf dem GTF vertreten. Wie passt das in den Kontext?
Gerade beim Thema CO2-Reduzierung betrachten wir nicht nur die Nutzungsphase, sondern den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs. Durch den Einsatz von Kreislaufwirtschaftskonzepten können wir zum Beispiel bei der Produktion der Hochvoltbatterien die Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffen oder globalen Lieferketten reduzieren. Mithilfe moderner Recyclingtechnologien erhöhen wir dort die Recyclingquoten so weit wie möglich und streben die Wiederverwendung an. Das schont Ressourcen, und wir werden unserer wachsenden Verantwortung für die Wiederverwertung von Hochvoltbatterien gerecht. „Meaningful technology to keep the world in motion“, so haben wir es in unserem Leitbild festgeschrieben.
Das passt gut, technologiebasierte Lösungsansätze will auch das GTF in den Vordergrund rücken.
Ja, wir glauben bei Audi an technologische Lösungen. Aber sie müssen zielgerichtet sein und einen sinnvollen Beitrag leisten. Es geht nicht um Technologien im Sinne von höher, schneller, mehr.
Das Festival dauert drei Tage: Was nehmen Sie von dort für Ihre Arbeit mit?
Es ist vor allem der intensive Austausch, die Möglichkeit, mit Interessierten und kritischen Stakeholder_innen in den Dialog zu treten. Zudem bereichern und inspirieren uns die präsentierten Ideen aus unterschiedlichsten Bereichen in unserem Strategieprozess gedanklich.
Audi x Greentech Festival
Vom 22. bis 24. Juni findet zum vierten Mal das Greentech Festival in Berlin statt, erstmals am ehemaligen Flughafen Tegel. Audi ist seit 2019 Founding Partner, aktiver Gestalter und Teil des Festivals. Mehr zum diesjährigen Event und zu den zugehörigen Green Awards gibt es auf www.greentechfestival.com
„Es ist vor allem die Möglichkeit, auf dem Greentech Festival auch mit kritischen Stakeholdern in den Dialog zu treten.“
Wann weiß man eigentlich, ob eine Strategie oder vielmehr der eingeschlagene Weg richtig ist?
Im Grundsatz sollte eine Strategie robust und von stabilen Megatrends abgeleitet sein. Letztlich geht es aber um Zukunftsprojektionen, bei denen man mit Unsicherheiten umgehen muss. Für „Vorsprung 2030“ haben wir zehn Jahre in die Zukunft geblickt, und natürlich können sich im Laufe der Jahre Voraussetzungen ändern. Das beobachten wir und reagieren durchaus darauf. Wichtig ist jedoch, dass wir so konsistent wie möglich bleiben und nicht permanent Anpassungen vornehmen. Manchmal müssen wir gewisse Entwicklungen auch einfach aushalten.
